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In fünfter Generation: Die Geschichte des Mobilfunks

Vom Telefonieren über anfänglich langsame Datenübertragung zum Highspeed-Internet

19. September 2017

Wer heute mobil telefoniert oder mit dem Smartphone im Internet surft, nutzt – vielleicht ohne es zu wissen – viele verschiedene Technologien. Derzeit betreiben die Telekommunikationsunternehmen mit GSM, UMTS und LTE drei Mobilfunkstandards gleichzeitig. Und schon arbeiten die Entwickler an 5G, der nächsten Standard-Generation, die die Daten mit bis zu 150 Megabit pro Sekunde übertragen soll. Eine kurze Reise durch die Mobilfunknetze seit den D- und E-Netzen.

Funkmast

Viele Mieter können ein Lied davon singen: Jedes Jahr müssen sie einen Urlaubstag opfern, weil der Heizungs- und Wasserableser seine Runde durch die Mietwohnung dreht. Das heute praktizierte umständliche Ableseverfahren dürfte aber bald der Vergangenheit angehören: In einem gemeinsamen Projekt in Chile zeigen Telefónica, Huawei und Kamstrup seit Anfang des Jahres, wie die moderne Zählerstandablesungen funktioniert. Dazu wurden bei den Kunden – Privatleute und Unternehmen – smarte, batteriebetriebene Wasserzähler installiert, die per Funk permanent erreichbar sind und so das zeitaufwändige und kostenintensive Ablesen überflüssig machen. Die zugrundeliegende Transporttechnik für die Messdaten nennt sich Narrow Band LTE und ist für schmalbandige Übertragung kleiner Datenpakete und geringen Energieverbrauch optimiert.

Narrow Band LTE wird momentan in vielen Ländern auf seine Eignung für das Internet der Dinge getestet. Häufig auch mit dem englischen Akronym IoT für Internet of Things bezeichnet, zählt dieses zu den interessanten Wachstumsbereichen für den Mobilfunk. Laut den Marktforschern von Gartner werden im Jahr 2020 weltweit 20 Milliarden Geräte über das IoT ans Internet angeschlossen sein – viele davon per Mobilfunk. Dinge wie Autos, Maschinen, Haushaltsgeräte, Messinstrumente, Sensoren und Aktoren werden einen riesigen Datenstrom produzieren, der die Netzbetreiber wieder einmal zur Erweiterung und Optimierung der Übertragungskapazitäten drängen wird.

GSM: Langsam aber revolutionär (1991)

An derartig hohe Anschlusszahlen hat vermutlich kaum einer gedacht, als der finnische Premierminister Harri Holkeri am 1. Juli 1991 in Helsinki den ersten GSM-Anruf tätigte. Ziemlich genau 26 Jahre später gab die Vereinigung der Mobilfunkanbieter GSMA bekannt, dass weltweit mehr als 5 Milliarden Menschen diese digitalen Mobilfunknetze zur Kommunikation nutzen. Mehr als zwei Drittel der Erdbewohner sind also mobil erreichbar.

Damit die Netzwerke die rasant wachsenden Nutzerzahlen bewältigen können, müssen die Netzbetreiber ihre Infrastruktur immer wieder ausbauen und erneuern. Die GSM-Netzwerke, mit denen die digitale Mobilkommunikation ihren Anfang nahm, könnten die heutigen Anforderungen allein nicht einmal ansatzweise erfüllen.

Die GSM-Entwickler legten den Fokus auf die mobile Sprachkommunikation und weniger auf die Datenübertragung per Funk. Deshalb schafften die ersten digitalen Mobilfunknetze auch nur eine maximale Datengeschwindigkeit von 9,6 Kilobits pro Sekunde (KBit/s), was allenfalls für kurze Nachrichten oder ab 1995 für Faxe reichte. An der geringen Geschwindigkeit änderte auch eine verbesserte Kodierung der Daten für die Übertragung nur wenig; die nutzbare Datenrate stieg damit kaum merkbar auf 14,4 KBit/s an.

Historische Entwicklung

GPRS und HSCSD: Daten werden mobil (2000)

Weitere Geschwindigkeitssteigerungen erfolgten in mehreren Schritten über viele Jahre hinweg: Ab 2000 führten mehrere Netzbetreiber als Erweiterung des GSM-Mobilfunkstandards die „schnelle leitungsvermittelte Datenübertragung“ HSCSD (High Speed Circuit Switched Data) ein. Mit ihr bündelten die Betreiber beim Versand bis zu vier Digital-Kanäle und ermöglichten so eine Geschwindigkeit von maximal 57,6 KBit/s (= 4 x 14,4 KBit/s). Der große Nachteil von HSCSD war, dass die Kanäle für die Dauer der Übertragung vollständig für andere Nutzer blockiert waren, auch wenn der Sender gar nicht die komplette Datenkapazität in Anspruch nahm.

Erst mit der paketorientierten Übertragungstechnik General Packet Radio Service (GPRS), die ebenfalls 2000 erstmals installiert wurde, war eine effizientere Nutzung des GSM-Frequenzspektrums möglich. In der Praxis erreichten die angebotenen GPRS-Modems unter idealen Bedingungen maximal 53,6 KBit/s.

WAP: Erste Gehversuche für das mobile Internet (1999)

Weil die Datenraten und die kleinen, meist noch schwarz-weißen Displays nicht ausreichten, um mit den Handys im Internet zu surfen, sollte das Wireless Application Protocol (WAP) ab 1999 die Brücke zum World Wide Web schlagen und Inhalte aus dem Internet aufs Handy bringen. Dieses erste Angebot für mobiles Internet erfreute sich aber nur geringer Nachfrage. Weder die Bedienung noch die Abrechnung nach aufgerufenen Seiten konnte die Verbraucher überzeugen. Schnell machte der Scherz die Runde, WAP stehe für „Wait And Pay“. WAP blieb der große Durchbruch verwehrt und verschwand Anfang des Jahrtausends in der Mottenkiste der Mobilfunkgeschichte.

So blieb SMS weiterhin der einzige relevante Datendienst: Im Jahr 2000 verschickten die Nutzer 11,4 Milliarden Kurznachrichten über die vier deutschen Mobilfunknetze der D- und E-Netzbetreiber. Fünf Jahre später war bereits die Schwelle von 20 Milliarden SMS durchbrochen. Die Flut der Kurznachrichten wurde Jahr für Jahr größer und erreichte schließlich 2013 mit fast 60 Milliarden Nachrichten ihren Höhepunkt. Erst dann ließen die sozialen Medien und das schnelle, mobile Internet die Nachfrage nach SMS-Diensten einbrechen.

Timeline

EDGE drückt im GSM-Netz aufs Gas (2006)

Bis die Datenraten für das mobile Surfen im Internet ausreichten, mussten die Netzbetreiber ihre GSM-Infrastruktur weiter technisch aufrüsten beziehungsweise komplett neue Funknetze aufbauen. EDGE (Enhanced Data Rates for GSM Evolution) zündete ab 2006 die letzte Stufe der GSM-Erweiterungen. Mit einer neuen Kanalcodierung gelang es den Netzbetreibern, das Geschwindigkeitslimit in den GSM-Netzen auf 220 KBit/s zu verschieben.

Im Wissen, dass damit die technische Evolutionsgrenze von GSM erreicht sein dürfte, kümmerten sich Hersteller und Standardisierungsgremien schon länger um Alternativen, die flottere Übertragungsgeschwindigkeiten und höhere Kapazitäten versprachen. Das Kürzel, das die Mobilfunker seit Ende der 90er-Jahre elektrisierte, lautet UMTS. Es steht für Universal Mobile Telecommunications System und gilt nach der analogen Technik der A- und B-Netze und dem digitalen Standard GSM als die dritte Generation der Mobilfunknetze.

UMTS bereitet den Weg ins mobile Internet (2004)

Dank noch breitbandigerer Anbindungen sind Reaktionen fast in Echtzeit möglich.

Die Einführung von UMTS, häufig auch als 3G bezeichnet, machte zunächst weniger wegen der technischen Möglichkeiten Furore, als vielmehr wegen der Versteigerung der zugehörigen Lizenzen. In Deutschland spülte sie rund 50 Milliarden Euro in die Kasse des Bundesfinanzministers. Sechs Unternehmen erhielten die Erlaubnis, mit den ersteigerten Frequenzpaketen UMTS-Netze aufzubauen. Weil die Vergabe aber an verschiedene Auflagen geknüpft war, die zwei der Lizenznehmer nicht erfüllen konnten, reduzierte sich die Zahl der UMTS-Netzbetreiber schließlich auf nur noch vier: Übrig blieben T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2, allesamt bereits Betreiber der D- und E-Netze auf GSM-Basis.

Das erste UMTS-Netz ging schließlich vier Jahre nach der Versteigerung im Jahr 2004 in den kommerziellen Betrieb und bereitete mit seinen 384 KBit/s im Download dem mobilen Internet das Feld. Dessen Durchbruch gelang aber erst mit der Einführung von HSPA (High Speed Packet Access). Die häufig auch als 3,5G bezeichnete Erweiterung von UMTS schaltete 2006 endlich den Datenturbo für den Mobilfunk ein: Nun konnten die Nutzer mit bis zu 42 Mbit/s im Internet surfen – allerdings längst noch nicht flächendeckend im ganzen Land. Außerhalb der Ballungszentren und Metropolregionen waren die Verbraucher weiterhin auf die langsameren GSM-Netze, ab 2006 mit der EDGE-Erweiterung, angewiesen.

iPhone: Wischen statt Tippen (2007)

Smartphones

Aber nicht nur die Mobilfunknetze leisteten einen wichtigen Beitrag zum Durchbruch der mobilen Internetnutzung. Ein Meilenstein auf dem Weg in die mobile Datengesellschaft war der Verkaufsstart des Apple iPhone im Jahr 2007 als erstes Smartphone mit konsequenter Touchsteuerung weltweit. Steve Jobs‘ Geniestreich der Bedienung von Handys mit großen Displays über Wischgesten und Softwaretastatur anstatt über die vorher üblichen Hardware-Tastaturen erwies sich als bahnbrechend für das mobile Internet. Das iPhone löste einen regelrechten Smartphone-Boom aus: Aktuell verkaufen alle Hersteller zusammen jedes Quartal weltweit mehr als 340 Millionen Geräte.

LTE: Mobiles Internet schnell wie das Festnetz (2010)

Mit der hohen Nachfrage nach Smartphones und dem schnell wachsenden mobilen Datenverkehr war frühzeitig klar, dass UMTS samt seinen Evolutionsstufen nicht lange die Wünsche der Verbraucher würde erfüllen können. Wieder musste eine neue Mobilfunkgeneration her, die die Frequenzen viel effizienter nutzte und dazu noch eine höhere Datenrate ermöglichte. Die Technologie, die das erfüllen kann, heißt LTE (Long Term Evolution). Sie ging 2010 in den kommerziellen Betrieb. Wie vom Regulierer gewünscht, konzentrierten sich die Netzbetreiber bei der Versorgung mit schnellem, mobilem Internet zunächst auf die ländlichen Räume, bevor ab 2012 die LTE-Versorgung der Städte wuchs. Mit LTE sind nun Übertragungsraten von bis zu 150 MBit/s möglich.

Doch mittlerweile geht es nicht mehr allein darum, immer höhere Bandbreiten zu ermöglichen. Es müssen daneben auch Lösungen gefunden werden, wie man für IoT-Anwendungen kleine Datenpakete mit kurzen Latenzzeiten effizient übertragen kann. Die Branche setzt dabei ihre Hoffnung auf Narrow-Band LTE. Außerdem versuchen die Betreiber die heute vorwiegend im GSM- und im UMTS-Netz abgewickelte Sprachkommunikation immer mehr auf die neue Mobilfunkgeneration zu verlagern. Hier gilt VoLTE (Voice over LTE) als die Technologie der Wahl. Für die Verbraucher bedeutet die Telefonie über LTE, die alle deutschen Netzbetreiber anbieten, neben einer besseren Sprachqualität einen schnelleren Verbindungsaufbau sowie einen geringeren Stromverbrauch. Außerdem können Besitzer eines VoLTE-kompatiblen Endgeräts gleichzeitig telefonieren und im Internet surfen.

Die Netzbetreiber profitieren von der besseren Effizienz von VoLTE. Sie können im Vergleich zu GSM oder UMTS bei gleicher Bandbreite mehr Gespräche abwickeln. Und mittelfristig schielen die Netzbetreiber auf einen ganz anderen Effekt, wenn sie die Gespräche über LTE abwickeln: Sie wollen nämlich eines Tages die GSM-Netze abschalten, um die Technologievielfalt wieder einzuschränken.

5G: Aufbruch in den Gigabit-Bereich

Denn schon steht die nächste Mobilfunkgeneration 5G vor der Tür. Die derzeitigen Diskussionen und Entwicklungen lassen erwarten, dass 5G in allen Bereichen Fortschritte bringt: beim Energieverbrauch, bei der Netzkapazität, bei der Latenzzeit und bei der Datenrate. Geschwindigkeiten bis zu 10 GBit/s liegen im Bereich des Möglichen. Bis 5G aber als Standard verabschiedet ist und erste Netze aufgebaut werden, gehen noch einige Jahre ins Land. Bis dahin muss man sich mit der LTE-Geschwindigkeit beim mobilen Surfen begnügen und stets daran denken, dass die Daten immerhin mehr als 10.000 Mal schneller durch die Netze „fliegen“ als vor 26 Jahren bei der Einführung des digitalen Mobilfunks. Und Urlaub wegen des Heizungsablesers dürfte ebenfalls bald der Vergangenheit angehören.

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