Business-Magazin

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Wie der Mittelstand zukunftsfähig bleibt

23. August 2021

Sven Göth ist Experte für Transformation, Veränderung sowie für die Lebens- und Arbeitswelten der Zukunft. Im Interview spricht er über die Herausforderungen der Digitalisierung und was Unternehmen brauchen, um zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Sven Göth

Sven Göth Business Futurist I Keynote Speaker I Expert CEO FUTURISER & Digital Competence Lab

Sven Göth ist Gründer und CEO des Digital Competence Lab. Dank langjähriger Erfahrung in der Zukunftsforschung, Unternehmens- und Strategieberatung ist er unter anderem begehrter Keynote Speaker. In seinen Vorträgen macht er eindringlich klar, warum Unternehmen bereits jetzt Veränderungsprozesse und Innovationen für die Zukunft einleiten sollten, um sich die entscheidenden Wettbewerbsvorteile für die kommenden Jahre zu sichern.

Herr Göth, wie sieht in Ihren Augen die Business-Welt von morgen aus?

Ich denke, dass es die eine Business-Welt von morgen nicht gibt. Das ist tatsächlich je nach Branche und auch nach Organisation sehr unterschiedlich. Je nachdem, wie ein Unternehmen wirtschaftet, in welchen Märkten und mit welchen Fähigkeiten, so sind natürlich auch die Auswirkungen von Veränderungen sehr unterschiedlich auf die eigene Organisation. Was man sich aber schon anschauen kann, ist, welche Themen es gibt, an denen kein Unternehmen vorbeikommt. Und das sind im Moment die drei Bereiche Technologie, der Faktor Mensch und das eigene Umfeld.

Was heißt das konkret?

Momentan haben wir viel mit Technologien zu tun, die sich im Zuge der Digitalisierung exponentiell entwickeln. Und jetzt treffen Themen wie höhere Rechenkapazitäten, das Internet der Dinge oder Künstliche Intelligenz erstmals massiv aufeinander. Unternehmen sollten sich damit auseinandersetzen, was das für ihr Geschäft bedeutet und wie sie sich diese Entwicklung zu Nutze machen können. Und dann sind wir auch schon beim Thema Mensch, der natürlich durch Technologien beeinflusst wird. So sehen wir auf der Kundenebene komplett neue Bedürfnisse und Erwartungen, wie Unternehmen mit ihnen interagieren. Und in der Innensicht müssen Unternehmen verstehen, welche neuen Fähigkeiten oder internen Strukturen gebraucht werden, um den Bedürfnissen der Kunden und den Anforderungen durch Digitalisierung gerecht zu werden. Hier kommen wir dann zum Punkt Umfeld. Denn durch die Digitalisierung verschieben sich auch die Marktverhältnisse. Neue Unternehmen und Start-ups bekommen einfacher Zugang zum Markt. Zum Umfeld gehört außerdem auch das Thema Klima und Umwelt. Kaum ein Unternehmen kann es sich wohl leisten, dazu keine Stellung zu beziehen und die eigenen Prozesse dementsprechend zu evaluieren und anzupassen.

Also gibt es an der Digitalisierung eigentlich kein Vorbeikommen?

Nein, das zeigt auch der Markt. Hier sehen wir zurzeit die Verdrängungsmechanismen sehr deutlich. Unternehmen, die bereits ganzheitlich Technologien einsetzen, wachsen deutlich schneller. Zum einen, weil sie den Markt effizienter und schneller bedienen und dadurch Ressourcen sparen. Zum anderen, weil sie sich durch bessere Interaktion und bessere Schnittstellen auch neue Märkte erschließen können. Hier haben wir teilweise fünffaches Wachstum im Vergleich zu den Nachzüglern. Nur ein Beispiel: Kettler war lange Marktführer im Bereich Sport- und Fitnessgeräte für zu Hause, hat es dann aber verpasst, die Geräte mit Software zu verbinden. Deshalb wurden sie von viel jüngeren Unternehmen wie Peloton überholt. Die Pandemie hat diese Entwicklung nur beschleunigt. Viele haben schmerzlich erlebt, was es bedeutet, wenn ihr analoges Geschäftsmodell nicht digitalisierungsfähig ist. Ich denke, mittlerweile ist allen klar, dass sie sich mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Das ist ja auch deswegen smart, weil die Kaufkraft der Jüngeren, also der Generation, die mit Digitalisierung aufwächst, um ein Vielfaches größer ist als vor 20 oder 30 Jahren noch.

Sie hatten schon von Kundenbedürfnissen gesprochen, wie haben sich denn ihre Wünsche verändert?

Heute schauen Kunden, wer in diesem Moment ihre Bedürfnisse optimal befriedigen kann. Das ist so eine „now“-Kultur, die man durchaus auch kritisch betrachten kann. Alles – auch Information – muss sofort verfügbar sein. Die Leute werden zum Beispiel ungeduldig, wenn eine Webseite nicht schnell genug lädt. Für Unternehmen stellt es auch eine Herausforderung dar, zu wissen, was ihre Kunden wollen. Dafür müssen sie auf irgendeine Art stark in Interaktion mit dem Kunden stehen oder die entsprechende Datenlandschaft haben. Hier sehen wir deutlich, wie sich die Erwartungshaltung verändert. Nehmen wir das Thema Sicherheit zum Beispiel. Früher hat sich der Kunde daran orientiert, wer die großen Anbieter sind, wer die beste Reputation hat. Und dann wäre er zum Beispiel zur Deutschen Bank gegangen. Heute heißt Sicherheit für Kunden aber auch, dass der Anbieter flexibel auf Veränderungen reagieren kann. Also, dass Veränderungen im eigenen Leben vom Dienstleister mitgetragen werden können. Deshalb funktionieren, um beim Bankenbeispiel zu bleiben, Geschäftsmodelle wie N26 oder Comdirect sehr gut.

Nicht allen Unternehmen fällt es leicht, ihr Geschäft zu digitalisieren, was raten Sie ihnen?

Das Schwierige ist tatsächlich, dass die Möglichkeiten oft vielfältig sind, was – zumindest in der Theorie – digitalisiert werden kann. Da stehen manche vor der Frage: Wo fange ich denn überhaupt an? Wie fange ich an? Das ist natürlich eine sehr große Herausforderung. Am besten fängt man damit an, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dann kann man definieren, was wirklich relevant für das eigene Business ist, welche Maßnahmen mit welchen Auswirkungen verknüpft sind und so auch, welche Themen überhaupt Sinn machen. Dafür kann man mithilfe der Innovation Map potentielle Geschäftsmöglichkeiten identifizieren. Mit der How-Wow-Now Matrix können die so gesammelten Ideen anschließend nach ihrer Machbarkeit und ihrer Originalität bewertet werden.

Das Zusammenspiel von Machbarkeit und Originalität
Das Zusammenspiel von Märkten und Fähigkeiten

In Anlehnung an: O'Reilly & Tushman, 2014, Lead and disrupt. S. 16 & 76

Was gehört für Unternehmen noch dazu, damit sie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben?

Mit diesem Thema habe ich mich viel auseinandergesetzt und ich denke, es ist eine Mischung aus fünf Kompetenzen. Zum einen ist das die Innovationsfähigkeit: Wie kann ich zum Beispiel auf starke äußere Einflüsse, wie eine Pandemie, reagieren? Die Digitalisierungsfähigkeit ist natürlich eine weitere wesentliche Kompetenz: Was ist aktuell technologisch möglich? Und wie schaffe ich es, diese Technologien so einzusetzen, dass ich meinen Kunden ein besseres Produkt, einen besseren Service anbieten kann. Teamfähigkeit ist das nächste. In Zukunft wird es einer alleine nicht mehr schaffen, wettbewerbsfähig zu sein. Die Frage ist also, ob es ein funktionierendes Ökosystem gibt. Also wer sind meine Partner, mit denen ich im Markt letztendlich unterschiedlich Herausforderungen bediene? Und das geht auch Hand in Hand mit der vierten Kompetenz, der Veränderungsfähigkeit. Jedes Unternehmen muss sich immer wieder selbst hinterfragen und eine Antwort auf die Frage finden, ist der Status Quo immer noch die Antwort auf morgen? Die letzte Kompetenz ist die Verantwortungsfähigkeit. Gerade im Mittelstand sehen wir immer wieder, dass zögerlich agiert wird und Entscheidungen vertagt werden. Aber gerade hier braucht es Führungskräfte, die sich verantwortlich fühlen, für die nächsten 20 Jahre zu planen und nicht nur die nächsten fünf Jahre. Auch, wenn sie in 20 Jahren nicht mehr im Unternehmen sein werden.

Telefónica unterstützt Unternehmen mit seiner Expertise bei der Planung und dem Aufbau von Digitalisierungsprojekten wie z. B. O2 Campus Netze, Smart Network, IoT und den dazugehörigen Anwendungen. Bei Interesse melden Sie sich gerne telefonisch, via Chat oder E-Mail.

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